... nur das Fallen der raschelnden Blätter im Wind ist zu hören. Sonst nichts.
Auch die seltsame, eckige Maschine verschmilzt mit dem Felsvorsprung über dem Tal, auf dem sie sich niedergelassen hat. Neben dem kantigen Fluggerät sitzt vollkommen bewegungslos eine Pandarin. Neben ihr liegt achtlos hingeworfen eine Kampfbrille im Gras.
"Ich weiß, dass Ihr hinter mir steht", sagt Mitako und öffnet die grünen Augen.
Die schattenhafte Raubkatze in den Büschen nimmt Nachtelfengestalt an und tritt näher. "Woher hast du gewußt, dass ich kein Feind bin?", fragt die Druidin leise.
"Dafür riechst du zu gut", antwortet die junge Mönch.
Taarea kichert und stellt sich neben die Pandarin. Mitako, die sich nun doch bequemt einen Blick auf die Schleicherin zu werfen, springt sofort auf.
"Botschafterin!", sie verbeugt sich hastig. "Entschuldigt, ich habe Euch nicht..."
"... sofort erkannt", ergänzt die Druidin.
"Wie habt Ihr mich gefunden?"
"Ihr riecht ziemlich streng", antwortet die Nachtelfe mit sehr neutraler Stimme.
Mitako bekommt große Augen und schnuppert an ihrem Fell. Das feine Gesicht der Nachtelfe verzieht sich, sie wirft den Kopf in den Nacken und lacht schallend los. "Ich habe nur Spass gemacht", sagt sie zwinkernd.
Mitako macht ein mürrisches Gesicht. "Ich wollte lägst weg sein..."
"... aber konnte nicht."
"Könntet Ihr bitte aufhören meine Sätze zu vervollständigen?"
"... sonst bin ich beleidigt und renne weg."
"Ich renne nicht weg!", ereifert sich die Mönch.
Taarea seufzt. "Doch, das tust du."
"Ich will Pandaria retten! Ich kämpfe zumindest, was tut Ihr? Warum lässt der Zirkel uns im Stich?"
"Der Zirkel lässt Pandaria nicht im Stich", antwortet die Druidin ruhig.
"Warum tut Ihr dann nichts? Warum greift Ihr nicht ein?"
"Dies ist kein gewöhnlicher Krieg. Dieser Krieg kann nicht durch bloße Stärke gewonnen werden. Das Sha, das dieses Land zerreisst, ist nicht der Lichkönig oder Todesschwinge... es ist kein Feind, der irgendwo da draußen sein Unwesen treibt. Es ist ein Feind, der hier drin", sie legt ihre schmale, leichte Hand auf Mitakos Herz, "Krieg führt." Wärme breitet sich an der Stelle aus, auf der die Hand liegt. "Und doch! Ich greife ein", fährt die Druidin nach einer Pause fort. "Dieser Kampf braucht Helden."
Mitako starrt die Nachtelfe eine Weile an, dann lässt sie den Kopf hängen.
"Ich bin aber kein Held", murmelt sie schließlich.
"Kein Wunder, wenn du dich mit Händen und Füßen dagegen wehrst", schmunzelt die Nachtelfe.
"Ich.. was soll ich denn tun? Es ist vorbei!"
"Mag sein. Und?"
"Aber.. aber ich kann das nicht! Alles, was ich jemals gelernt habe, ist kämpfen!", ereifert sich die Pandarin.
"Vielleicht genügt das?"
"Es gibt andere, die besser sind als ich!"
Taarea legt den Kopf schief. "Jetzt gehen dir aber langsam die Ausreden aus."
Mürrisch und etwas beschämt schweigt Mitako die mächtige Druidin an.
Diese seufzt nach einer Weile. "Sieh dir den Baum hier an. Er hat nicht einmal die Wahl, ob er hier an dieser Stelle wächst oder woanders. Er weiß auch nicht, ob der nächste Sturm ihn entwurzeln und in den Abgrund werfen wird. Aber er geht nicht ein und verwittert nicht. Er wächst einfach. Jahr um Jahr, Ring um Ring. Er schert sich mehr um die Möglichkeiten als um die Umstände seines Wachstums. Man könnte sagen, dieser Baum ist weitaus klüger als du."
"Jaja, schon gut, ich bin dümmer als ein Baum und ich stinke. Danke."
Taarea lächelt breit. "Mitako, die Pilgerin. Deine Reise wird nur dann Früchte tragen, wenn du für jeden Schritt in die Welt, zwei in dich selbst hinein gehst - und umgekehrt."
"Wie meint Ihr das?", fragt Mitako irritiert.
Taarea zeigt mit einem schlanken Finger auf eine Gestalt, die sich langsam aus der Morgendämmerung zu schälen beginnt. "Da steht einer, der die Antwort kennt."
Mitako, dem Finger folgend, hebt den Blick. Doch kaum, dass sie die Augen wieder auf die Nachtelfe richten will, ist diese verschwunden. Verwundert und etwas ärgerlich schnalzt die Pandarenmönch mit der Zunge. "Sie wollte, dass ich sie beim Anschleichen bemerke", murmelt sie. Dann richtet sie ihren Blick wieder auf die Stelle, auf die die Nachtelfe gezeigt hatte.
Der Baum flüstert im Wind.